Lothringer
Abbildung 16.1 und 16.2

Abkürzungen: ~600 um 600, a. d. an der, Abd. Abdankung, Abh. Abhängigkeit, -b˘g. -burg, Bf. Bischof, -bg. -berg, Bgf. Burggraf, Bm. Bistum, d. Ä. d. Ältere, d. Ju. d. Junge, d. Jü. d. Jüngere, dt. deutsch, Ebf. Erzbischof, Ebm. Erzbistum, Ehz. Erzherzog, Fsm. Fürstentum, Fst. Fürst, Gf. Graf, Gfn. Gräfin, Gft. Grafschaft, Ghz. Großherzog, Ghzn. Großherzogin, Hz. Herzog, hzgl. herzöglich, Hzm. Herzogtum, Kf. Kurfürst, Kfm. Kurfürstentum, Kg. König, kgl. königlich, Kgn. Königin, Kgr. Königreich, Ks. Kaiser, Kurw. Kurwürde, Lgf. Landgraf, Mgf. Markgraf, Mgft. Markgrafschaft, n. 992 nach 992, Nied. Nieder-, Ob. Ober-, P.U./PU Personalunion, Pfg. Pfalzgraf, Pr./Prz. Prinz, Prät. Prätendent, Przr. Prinzregent, Reg. Regent(in), Sign. Signore, Sn. Seigneur, Statth./Sth. Statthalter, Thronf. Thronfolger, Unt. Unter-, v. 1045 vor 1045, v. Tirol von Tirol (v. wird dabei oft weggelassen, Bsp.: Gf. Hoya Gf. v. Hoya)
Beschreibung
I) Lothringen und Bar
Die Darstellung 16.1-2 unterscheidet sich von den übrigen dadurch, daß sie den Werdegang nicht einer, sondern zweier Dynastien wiedergibt: der Matfriedinger, die im Hzm. Lothringen, und der Scarponnois, die im Hzm. Bar regierten. Denn Lothringen und Bar waren Geschwisterländer, vergleichbar Holstein (Schaumburger) und Schleswig (Oldenburger). Die Familie Bar endete 1430, die Familie Lothringen hat bis heute überlebt. Wenn man von den heutigen Habsburgern redet, so sind vielmehr Lothringer gemeint; denn der letzte Habsburger, Ks. Karl VI, starb 1740, und sein Schwiegersohn, Hz. Franz v. Lothringen, Gatte Ksn. Maria Theresias, führte das Haus fort.
Lothringen war im hohen Mittelalter das volkreichste und lukrativste Stammesherzogtum der Ottonen. 959 begann es zu zerfallen. Aber die Familie der Wigerichinger, der Oberlothringen seine Herzöge verdankte, stattete mit solchen auch Niederlothringen aus, so daß bis 1044 eine Klammer noch bestand. Dann aber gingen Ober- und Niederlothringen getrennte Wege.
Niederlothringen zerfiel 1139 zunächst ins von den Luxemburgern regierte Hzm. Limburg und ins von den Brabantern regierte Hzm. Brabant, dann noch weiter. Oberlothringen dagegen blieb vergleichsweise einheitlich, und sein Kern, seit 1047 beherrscht von den Nachkommen Gf. Matfrieds v. Metz, behielt den alten Namen bei: Hzm. Lothringen. Außer diesem brachte nur noch der westliche Anrainer Bar es zu einem größeren Territorium.
Zuerst regierte Oberlothringen Wigerichs Familie. Nach Friedrichs III Tod 1033 folgte ihr niederlothringischer Zweig Verdun, aber deren Sproß Gottfried d. Bärtige, Stiefvater der Mathilde v. Canossa, räumte das Herzogtum 1047. Nun folgte mit Adalbert und seinem Bruder Gerhard Matfrieds Familie, die (zunächst) bis Karl I († 1431) am Ruder blieb.
1) Teilung 1073
Gerhards jüngerer Sohn Gerhard (I) eröffnete die Linie Vaudémont, und unter diesem Namen firmierten die Lothringer nach Karl I, nämlich ab 1473. Doch die alte Linie Vaudémont, die 1195 übrigens noch den Zweig Deuilly (bis 1421) hervorgebracht hatte, war bereits 1348 erloschen und vom Geschlecht der Joinville beerbt worden, das 1365 seinerseits erlosch.
2) Teilung 1394
Nach dem letzten Joinville, Henri, gelangte jedoch der Besitz des Geschlechts 1394 an seinen Schwiegersohn Friedrich, Hz. Karls I jüngeren Bruder, welcher so die jüngere Linie Vaudémont gründete, die 1473 das Herzogtum wieder an die Familie Lothringen brachte.
Inzwischen hatte es vier für sie wichtige Ereignisse gegeben:
a) Hz. Gerhards älterer Sohn Dietrich II hatte Gertrud v. Flandern geheiratet und so seinem Sohn Dietrich (I) die Grafschaft gesichert, die seit 1128 er und bis 1191 sein Sohn Philipp innehatten. Dessen Bruder Matheus erwarb vom Hause Blois die Gft. Boulogne, die nach seinem Tod 1173 ans Haus Mello ging.
b) Hz. Dietrichs II jüngerer Enkelsohn Robert eröffnete 1194 eine Seitenlinie Flörchingen, die sogar bis 1420 währte; 1256 hatte sich von ihr zudem ein Zweig Ennery getrennt, der bis 1317 bestand.
c) Nach 1180 eröffnete Matheus, ein jüngerer Urenkel Dietrichs II, für die Gft. Toul, welche 1286 in lothringische Hand überging, eine Seitenlinie, die bis 1327 bestand.
d) Der vorerst letzte Herzog, Karl I, starb 1431, so daß Lothringen von den jüngeren Anjou, der Familie seines Schwiegersohns René I, übernommen wurde, jedoch, als dessen Sohn Nikolaus I 1473 starb, an René II überging: Renés II Eltern waren Friedrich, Enkel des gleichnamigen Gründers der jüngeren Linie Vaudémont, und Yolande, Tochter des René I v. Anjou.
3) Teilung 1506
Der ältere Sohn Renés II, Hz. Anton, setzte das Haus in seinem bis heute bestehenden Hauptast fort; vom jüngeren, Claude, stammte seit 1506 der Zweig Guise ab, der mit Francois-Joseph 1675 erlosch.
Franz Stefan schließlich sicherte dafür, daß er 1740 Kaiser wurde, schon 1736 sein Hzm. Lothringen dem Kg. v. Frankreich zu, empfing aber 1737 nach dem Ableben der Medici das Ghzm. Toskana. Insofern läßt sich seit 1737 die Hauptlinie als Linie Toskana bezeichnen; sie wurde eröffnet von Ks. Leopold II, während von Ks. Franz Stefans jüngerem Sohn Ferdinand durch dessen Ehe mit der Welfin Maria Beatrice v. Este der Zweig Modena ausging, der 1875 endete.
Einem Nebenzweig der Linie Toskana zuordnen lassen sich auch die Kaiser v. Österreich ab 1792, also Leopolds II Sohn Ks. Franz II und seine Nachkommen.
II) Bar
Richwin, Stammvater der Herzöge v. Bar, fungierte um 1030 als Gf. im Scarpona-Gau, sein Sohn Ludwig 1042 als Gf. v. Pfirt. Durch dessen jüngeren Sohn zweigte 1073 eine Linie Lützelburg ab, die 1150 endete.
Wegweisend wurde die Erwerbung Bars 1093 und Mömpelgards 1105.
Teilung 1125
Damit nämlich konnte Gf. Dietrichs I jüngerer Sohn Reinald I neben die Linie Pfirt seines Bruders Friedrich I, die bis zu ihrem Übergang an die Habsburger 1324 bestand, eine eigene Linie Bar setzen, die bis 1430 dauerte, während Mömpelgard nach Dietrich II 1163 ans Haus Montfaucon, 1444 an die Württemberger gelangte.
1291 zweigten noch Pierrepont und Pierrefort ab, erloschen aber 1368 bzw. 1380. 1354 wurde Robert v. Bar Herzog. 1411 spaltete sich der Zweig Oisy ab, der 1405 Soissons erwarb und nach 1415 an die Luxemburger vererbt wurde.
Mit Roberts Sohn Louis starb der letzte der Familie, und über seine Nichte Yolanta v. Aragon und deren Sohn René v. Anjou gelangte das Hzm. Bar an Lothringen.